Eine der typischen Fragestellungen, mit der sich Gründerinnen und Gründer im Rahmen von Venture Capital Finanzierungen auseinandersetzten müssen, ist die Bewertung des Startups. Oftmals auch ausgedrückt in der Frage: Wie viele Anteile man einem Investor abgeben sollte oder welchen Preis dieser pro Anteil zahlen muss?
Speziell die zukünftige Unternehmensentwicklung von jungen, innovativen Unternehmen unterliegt in frühen Phasen hohen Unsicherheiten, die im Vorfeld schwer zu quantifizieren sind. Belastbares Zahlenmaterial zur quantitativen Bewertung ist meist nicht vorhanden.
Die Ergebnisse der Marktstudie zur Bewertungspraxis von Venture Capital Managern in Deutschland mit der interdisziplinären Verknüpfung der Vertragsgestaltung kann Gründerteams helfen, im Vorfeld zu Gesprächen mit Investoren, einen Überblick über die gängigsten Methoden zur Unternehmensbewertung zu erhalten sowie relevante Sonderrechte in Beteiligungsverträgen kennenzulernen.
Datenerhebung der Studie
Die Studie wurde im Jahr 2018 in Kooperation mit Rödl & Partner durchgeführt und speziell an (Corporate) Venture Capitalists in Deutschland oder mit Sitz in Deutschland geschickt. Das Investmentvolumen der Teilnehmer beläuft sich dabei auf circa 850 Mio. Euro bei 230 Transaktionen pro Jahr.
Die gesamte Studie mit allen Fragestellungen und Inhalten können Sie am Ende des Beitrags kostenfrei herunterladen
Bevor Investoren mit einer Preisverhandlung beginnen, screenen sie die Teams sowie deren Ideen auf verschiedene relevante qualitative Kriterien, die in unterschiedlicher Ausprägung erfüllt werden sollten. Diese Kriterien dienen einerseits der weiteren Wertermittlung sowie andererseits auch der Plausibilisierung von Pitch Decks oder Business Plänen. Folgende Kriterien wurden daher innerhalb der Studie im Detail abgefragt:
Managementkriterien
Die Studie zeigt, dass speziell die Vollständigkeit des Teams und die Teamzusammensetzung sowie die Persönlichkeit / soziale Kompetenz und Qualifikation der Gründer als sehr wichtig oder wichtig angesehen wird.
Produktkriterien
Bei den Produktkriterien sehen alle teilnehmenden Investoren die Unique Selling Proposition (USP) als sehr wichtig oder wichtig an. Die Innovationskraft des Startups wird von 97 % der Probanden als sehr wichtig und wichtig betrachtet, während die Marktakzeptanz kurz dahinter mit 94 % auftritt. Deutlich schwächer ausgeprägt sind der Schutz durch Patente mit ca. 70 % und ein kurzer time-to-market mit 57 %. Wobei es hier Unterschiede zwischen Venture Capitalists und Corporate Venture Capitalists zu erkennen gibt.
Marktkriterien
Hinsichtlich relevanter Marktkriterien ist für die Teilnehmer das Wachstumspotenzial, die Skalierbarkeit, u.a. durch Internationalisierung, sowie die Größe des adressierbaren Gesamtmarktes von höchster Bedeutung.
Ein klarer Trend hinsichtlich eines Bewertungsverfahrens ist unter den Teilnehmern nicht zu erkennen gewesen. Gründerinnen und Gründer können daher bei der eigenen Wertermittlung auf eine Vielzahl von Methoden zurückgreifen. Ein Rückgriff auf die Erfahrung der Portfoliomanager, sowie die Bewertung bei vergleichbaren Runden ist hierbei jedoch nicht möglich. Beide Methoden werden jedoch in frühen Phasen von den Investoren recht häufig angewandt.
Hinsichtlich der Vertragsgestaltung wurden die Teilnehmer zu der Verwendung von Liquidationspräferenzen, Verwässerungsschutzklauseln, Drag und Tag Along Vereinbarungen sowie sonstigen weiteren Sonderrechten befragt. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick zu den wichtigsten Sonderrechten gegeben werden. Die gesamten Ergebnisse finden sich in der downloadbaren Studie am Ende des Beitrags wieder.
Liquidationspräferenzen lassen sich prinzipiell in eine anrechenbare und eine nicht-anrechenbare Variante unterscheiden und sind danach mit verschiedenen Spielarten in der Ausgestaltung versehen. Die Art sowie die Ausgestaltung der Liquidationspräferenz hat Einfluss darauf, wie stark später bei einem Exit Cash-Flows zugunsten der Investoren umverteilt werden.
Bei den Teilnehmern der Studie überwiegt der Einsatz einer sogenannten nicht anrechenbaren Liquidationspräferenz. Hierbei erhält der Investor sein Investment zurück und erhält zudem ohne Anrechnung des schon ausgezahlten Betrages einen Anteil am Exiterlös, der seiner Anteilsquote entspricht. Deutlich seltener werden die gründerfreundlicheren anrechenbaren Liquidationspräferenzen vereinbart.
Verwässerungsschutz Klauseln oder auch Anti-Dilution Klauseln genannt, schützen Investoren davor, dass sie bei einer Downround (also einer Finanzierungsrunde zu einem Preis, geringer als der Preis der vorherigen Runde) zu stark verwässern.
Je nach Berechnungsmethode werden die Investoren so gestellt als hätten sie zu einem gewichteten Durchschnittspreis aus beiden Runden (Weighted-Average) oder zu dem letzten festgestellten Preis der Downround investiert. (Full-Ratchet)
Die Teilnehmer der Studie haben zu 56 % immer Anti-Dilution Klauseln verwendet, wobei mit 76 % dann die Weighted-Average Variante gewählt wurde. In 38 % der Fälle wurden jedoch auch immer oder oft die Full-Ratchet Variante verwendet, die deutlich investorenfreundlicher ist.
Tritt nun eine Downround ein, so müssen die Investoren entscheiden, ob sie von Ihrem Recht Gebrauch machen. Interessant ist hierbei, dass nur 48 % der Teilnehmer die härtere Full-Ratchet Klausel auch vollständig durchsetzen gegenüber den Gründern. Wurde eine Weighted-Average Klausel vereinbart, so wird diese in 61 % der Fälle auch durchgesetzt.
Vor den Verhandlungen mit Investoren sollten sich Gründerinnen und Gründer über die wichtigsten qualitativen Kriterien bewusst sein und diese hreausarbeiten, sowie verschiedene Unternehmenswerte auf Basis der unterschiedlichen quantitativen Methoden herleiten. Zuletzt kann das Wissen darüber, welche Klauseln in Deutschland eingesetzt werden helfen, sich in den Verhandlungen richtig zu positionieren.
Unser Kooperationspartner Rödl & Partner besteht aus einem Zusammenschluss von Experten unterschiedlicher Disziplinen und Tätigkeitsschwerpunkte, die sich auf die Beratung von Risikokapitalgebern und junger Unternehmen spezialisiert haben. Die interdisziplinäre Beratung von Rödl & Partner ist darauf ausgerichtet, rechtliche, betriebswirtschaftliche, bewertungstechnische und steuerliche Faktoren unter Risikoaspekten greifbar zu machen und nach Möglichkeit zu minimieren. Ihre Tätigkeiten richten sich passgenau auf die Größe der Venture-Capital-Beteiligung und auf die jeweilige Lebenszyklusphase des Startups aus – auf Wunsch umfassend oder punktuell und anlassbezogen. Dabei steht Rödl & Partner Startups und VC Investoren stets bei Fragen rund um Themen wie z.B. Term Sheet Verhandlungen, Exit Konzeptionierung und Begleitung, sowie Pitch Deck Reviews, Financial Modeling oder Startup Bewertungen zur Seite.