„Raising Venture Capital“ – Die Bedeutung von Pre- und Post Money

In diesem Artikel sind wir auf die generelle Beschreibung einer Kapitalerhöhung eingegangen. Dies soll nun für die GmbH im Venture Capital Kontext im Detail beleuchtet werden, um die auftretenden Besonderheiten darzulegen. Zwar wird häufig davon gesprochen, dass neue Anteile gekauft werden im Rahmen von VC Finanzierungen, dies ist jedoch nicht ganz korrekt.

Tatsächlich werden, im Gegensatz zu den USA und UK, keine Anteile über ein sog. „Purchase Agreement“ erworben, sondern eine Kapitalerhöhung der GmbH durchgeführt. Hierdurch werden neue Anteile geschaffen, die der Investor im Gegenzug für seine Einlage erhält.

Bei der Ermittlung, wie viele Anteile der Investor erhält, spielen die Parameter Pre- und Post Money Bewertung eine große Rolle.

Venture Capital als Finanzierungsart

Die zur Verfügungsstellung von Eigenkapital ist unter allen VC-Finanzierungsarten das Gebräuchlichste, da junge Unternehmen in frühen Phasen kaum Fremdkapital von Banken erhalten können. Speziell wenn (noch) keine Sicherheiten dem Unternehmen zur Verfügung stehen.

Der Ablauf ist dabei wie folgt:

Im ersten Schritt wird das Stammkapital der GmbH erhöht und die Investoren übernehmen die neu entstehenden Anteile. Gleichzeitig entsteht so die Pflicht den Nominalbetrag der Anteile (meist zu je 1€) auf das Geschäftskonto der GmbH zu überweisen.

Im zweiten Schritt findet dann das eigentliche Investment statt, indem das sogenannte Agio oder Aufgeld eingezahlt wird. Diese Einzahlung erfolgt dann als freiwillige Zuzahlung in die Kapitalrücklage. Zu unterscheiden sind hier noch verschiedene Mechanismen, die bei der Gewährung eines Wandeldarlehens oder anderen Mezzaninen Finanzierungsinstrumenten greifen.

Pre-Money & Post Money Bewertung des Startups

Bevor es allerdings zu der Einzahlung der Investoren kommen kann, muss bei einer direkten Beteiligung eine Unternehmensbewertung vereinbart werden, sowie die Höhe des Investments. Über diese Parameter lässt sich die Höhe der Beteiligung des Neuinvestors sowie dessen Anteilspreis berechnen.

Folgendes Beispiel soll dies im Detail veranschaulichen.

Der Cap Table eines Startups könnte zum Beispiel wie folgt aussehen. Vier Gründer halten zusammen 100 % an ihrer GmbH und besitzen jeweils 6.250 Stammanteile.

Cap Table Founding

Im Rahmen einer ersten Finanzierungsrunde möchten Sie durch zwei Business Angels 200.000 Euro aufnehmen und einigen sich auf eine Bewertung von 1 Mio. Euro.

Hier ist nun erhöhte Vorsicht in der Kommunikation mit den Investoren geboten!

  1. Pre-Money Bewertung von 1 Mio. Euro
  2. Post-Money Bewertung von 1 Mio. Euro (also nach Aufnahme der 200k Euro)

Decision Tree

Die zwei nachfolgenden Cap Tables zeigen die unterschiedlichen Auswirkungen

Cap Table Seed Pre Cap Table Seed Post

Je nach Definition der Bewertung gibt es einen großen Unterschied, da entsprechend eine andere Anzahl an Anteilen ausgegeben wird, also das Stammkapital um entsprechend dieser Anzahl erhöht wird. Die Investoren erhalten im Falle, dass die 1 Mio. Euro eine Pre-Money Bewertung sind 1.250 Anteile und entsprechend 3,33 %-Punkte Anteilsquote weniger. Dies mag auf den ersten Blick nicht nach viel klingen, jedoch kann dies bei einem möglicherweise sehr hohen Exit schnell mal mehrere hunderttausend oder sogar Millionen Euro ausmachen. Zudem Frühphaseninvestoren antizipieren müssen, dass sie über mehrere nachfolgende Finanzierungsrunden verwässern werden.

Eine klare Kommunikation gegenüber den Investoren ist also das A & O, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, da diese ihre Anteilsquote immer auf Basis einer Post-Money Bewertung berechnen.

Kapitalerhöhung

Hat man sich auf eine Bewertung, die Höhe des Investments und die daraus resultierende Anteilsquote geeinigt, kann der eigentliche Prozess beginnen.

Die Anzahl sowie die Nennbeträge aller Geschäftsanteile müssen im Gesellschaftervertrag der GmbH geregelt sein. Dieser muss daher entsprechend geändert werden, was einerseits einen Beschluss der Gesellschafterversammlung sowie die notarielle Beurkundung notwendig macht.

Nominell ändert sich der Anteil der Gründer am Stammkapital der GmbH nicht, aber die Beteiligungsquote sinkt entsprechend der Kapitalerhöhung. Selbiges gilt natürlich auch für alle anderen Anteilseigner.

Am Beispiel des oben gezeigten Cap Table sieht man das sehr gut. Der nominelle Anteil der Gründer am Stammkapital beträgt immer noch 25.000 Euro. Jedoch nun nicht mehr zusammen 100 %, sondern z.B. 80 %. Diese Verwässerung schadet jedoch den Gründern nicht. Im Gegenteil, der Anteil am Kuchen mag zwar kleiner sein, jedoch ist der Kuchen nun größer.

Anstatt wie zu Beginn der Gründung nur den Nominalwert der Anteile in Höhe von 6.250€ zu besitzen, sind die Anteile massiv im Wert auf 200.000 Euro gestiegen, da nun das Unternehmen mit 1 Mio. Euro (Post-Money) bewertet wurde. (Anderes Beispiel: 1,2 Mio. Post Money Bewertung und 250.000 Euro)


Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und umfasst nicht vollständig alle möglichen Ausgestaltungen. Ob die Regelungen in Ihrem Fall zutreffen, sollten Sie immer unter zu Hilfenahme von einer professionellen Rechtsberatung diskutieren. Ebenfalls sollten steuerliche Implikationen des Vestings mit einem Steuerberater besprochen werden.

Autor

Patrick Hümmer

Geschäftsführer

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