Beeinflusst die Corona Krise auch das Finanzierungsgeschehen?

War es schon vor der Krise ein oftmals langwieriger und schwieriger Prozess für junge, innovative Unternehmen Kapital zu beschaffen, trifft diese Unternehmen die Corona-Krise besonders hart. Selten sind ausreichend finanzielle Rücklagen vorhanden, um die aktuelle Krise und damit einhergehende Umsatzeinbrüche hinreichend abzufedern. Speziell in frühen Phasen, vor einer ersten Finanzierung oder mit zunehmenden Liquiditätsengpässen vor einer neuen Finanzierungsrunde, ist die Gefährdung hoch, da schnell Liquidität benötigt wird.

Die Auswirkungen der Krise auf die Startup Landschaft sind massiv, wie die repräsentative Umfrage des Bundesverbands Deutsche Startups zeigt. Über 90% der Startups in Deutschland sehen Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeiten durch die Krise. 80% dieser Unternehmen sehen sogar eine existenzielle Gefährdung. Beinahe jedes Startup in der Tourismus Branche gab an, seine Existenz bedroht zu sehen.

Beeinträchtigung Startups Corona Gefährung StartUps

Als kritischer Faktor erweist sich hier der Zeitpunkt, wann eine neue Finanzierungsrunde ansteht. Je nachdem wie viel Zeit bis zu der nächsten Runde vergehet, ist die Gefährdung unterschiedlich. Konnten die Unternehmen vor kurzem eine Runde abschließen und haben somit noch einen längerfristigen Horizont mit bis zu 12 Monaten sind diese deutlich geringer gefährdet. Benötigen Startups die innerhalb der nächsten 1-3 Monate Geld, um weiterhin liquide zu sein, ist die Gefährdungslage hier deutlich höher, wie folgende Grafik zeigt.

Finanzierungsrunden Krise

Update 301.04.2020: Das erste prominente Opfer der Corona-Krise ist leider schon zu beklagen. Das Berliner Start-up Tausendkind musste laut mehreren Medienberichten (u.a. Capital.de und Gründerszene.de) einen Insolvenzantrag stellen, aufgrund einer geplatzten Finanzierungsrunde.

Auswirkungen der Krise auf die Startup Finanzierung

Besonders bereits durch Risikokapitalgeber finanzierte Startups erhalten in der aktuellen Situation deutliche Hinweise und Empfehlungen seitens des Kapitalgebers mit Maßnahmen, um die Liquidität zu schonen. In einem veröffentlichen Schreiben an die Portfoliounternehmen spricht Sequoia verschiedene Handlungsempfehlungen in dieser Hinsicht aus. Viele fordern, dass Startups Einstellungen von Personal verlangsamen oder gar ganz aussetzen, ihre Ausgaben kürzen, von zu Hause ausarbeiten, keine Reisen mehr Unternehmen – und sich generell auf die bevorstehenden Zeiten mit rückläufigen Umsätzen vorbereiten.

Dabei soll auch die Personalsituation kritisch hinterfragt und Senior Gehälter vorübergehend angepasst werden.

Hören VCs auf zu investieren?

Doch hören Risikokapitalgeber jetzt auf zu investieren? Gibt es einen kompletten Capital freeze? Aktuell kursiert ein Dokument, mit einer Auflistung vieler europäischer Investoren, zu deren Investitonsverhalten. Anhand dieses Dokumentes zeigt sich keine Tendenz, dass Kapitalgeber den Geldhahn zudrehen. Zieht man unterschiedliche Quellen zu Rate, so verzerrt sich das Bild jedoch etwas. Eine Blitzumfrage im Private Equity Umfeld zeigt, dass sich 43% der Investmentmanager aktuell etwas zurückhalten. Einen kompletten Investitionsstopp wollen die Investoren hingegen nicht.

Auch im VC Markt ist zuletzt sehr viel Kapital in neue Fonds geflossen, welches Investiert werden will. Als Beispiel können hier der neue Fonds von Lakestar oder Atomico, dem Fonds des Skype Gründers angeführt werden. Alleine diesen Fonds stehen circa 1,4 Milliarden Euro Investitionsvolumen zur Verfügung. Dennoch ist ebenfalls mit vermindernden Aktivitäten zu rechnen und die Fonds konzentrieren sich vorerst vermehrt auf die Stabilisierung der eigenen Portfoliounternehmen. Oftmals haben Fonds circa 50% des Kapitals für Folgeinvestments reserviert. Diese Reserven können jetzt genutzt werden, um die aussichtsreichsten Portfoliounternehmen weiter zu finanzieren und die Anteilsquote auszubauen.

Zudem können sich nun die Due Diligence Prozesse der Investoren verlängern. Business Modelle der potentiellen Targets und bisher erzielte Meilensteine werden kritischer überprüft und auf deren Krisenfestigkeit hinterfragt.

Deal Terms und Bewertungen in der Krise

Diese Einschätzung vorab: Gute Unternehmen werden weiterhin Geld erhalten, jedoch stellt sich immer die Frage nach den Konditionen. Hier kann aktuell noch keine Aussage getroffen werden, jedoch ist es wahrscheinlich, dass die Konditionen unter der Krise etwas leiden werden. Dies können Bewertungsanpassungen sein, erhöhte Liquidationspräferenzen oder sonstige Schutzrechte für die Investoren.

Es empfiehlt sich daher auch Stressszenarien zu rechnen, wenn die vorherige Bewertung in einer neuen Runde nicht mindestens gehalten werden kann. Das ist besonders der Fall, wenn Meilensteine vereinbart wurden, die aufgrund der Krise nicht erreicht werden.

Geringere Bewertungen sind wahrscheinlicher

Eine Finanzierungsrunde mit einer geringeren Bewertung als die vorherige, eine sogenannte Down-Round, wird in diesen Zeiten durchaus wahrscheinlicher. Viele gerechnete Szenarien im Business Plan werden nun mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr eintreten und somit bisher aufgerufene Bewertungen auch nicht mehr zu halten sein.

Auch wenn der Bewertungsunterschied klein ausfallen kann, durch in vorherigen Runden vereinbarte Anti-Dilution Regelungen, können starke Verwässerungen bei den Gründeranteilen die Folge sein. Es empfiehlt sich diese Regelungen nun im Detail zu prüfen und offen über eine mögliche Aussetzung der Durchführung seitens der Investoren bei der nächsten Finanzierungsrunde zu diskutieren.

Eine mögliche Korrektur der Bewertungen bietet aber auch Investoren Chancen zu günstigeren Konditionen in attraktive Unternehmen einzusteigen, somit können neue Deals herausgezögert werden. In einem sehr offenen Interview sagt Klaus Hommels, „dass in drei Monaten vielleicht alles etwas günstiger zu haben ist.“

Alternative Finanzierungsmöglichkeiten

Dennoch bleiben aktuell einige Fragezeichen offen hinsichtlich einer Finanzierung mit Eigenkapital und man wird ein paar Wochen abwarten müssen, um die Auswirkungen langsam abschätzen zu können. Jedoch gibt es neben der klassischen Eigenkapitalbeteiligungen auch noch weiteren Formen der Finanzierung.

Die in sehr frühen Phasen sowie zur Bridge Finanzierung verwendeten Wandeldarlehen können nun in der Krise Abhilfe schaffen, sollten sich Gründer und Investoren nicht schnell auf eine neue Bewertung sowie für beide Parteien sinnvolle Konditionen einigen können.

In einem LinkedIn-Post fordert John Spindler (Co Founder, AI Seed ein Londoner Frühphaseninvestor) auf diese Wandelanleihen anzubieten.

Ebenfalls bieten sich umsatzbasierte Finanzierungsmöglichkeiten an, bei denen sich die Rückzahlung prozentual am Umsatz orientiert. Anbieter hierzu gibt es einige am Markt. Es bleibt abzuwarten, wie diese Finanzierungsart auch bei Unternehmen mit starken Umsatzeinbußen ankommt.

Weiterhin sollten staatliche Hilfsmaßnahmen im Detail geprüft werden sowie die Entwicklungen hinsichtlich der Maßnahmen des Bundesverbands Deutscher Startups zu einem Rettungsschirm für Startups nahe verfolgt werden.

Speziell für Unternehmen, die sich aktuell auf der Suche nach Kapital befinden und/oder Corona Beeinträchtigungen haben, bieten u.a. Rödl & Partner die Möglichkeit an, ein kostenfreies Strategiegespräch mit einem Experten aus deren Team zu buchen.

Autor

Patrick Hümmer

Geschäftsführer

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